Pattern Indicator 1 & 2, 2020
90 x 55 x 20 cm each
dichroic glass, steel, ceramic
installation view at NRW Forum Düsseldorf
photography: Johannes Bendzulla
These displays reveal the space behind the surface
Archetypes hanging in a structure
Hardware and soft structure
Movement and light change the color and reflection of the glass
– Fragile Entitäten (Paulina Seyfried)
Durch Umbrüche und ständigem Wandel von gesellschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Bedingungen ist auch die vormals feste Zuschreibung der eigenen Identität ständigen Veränderungen ausgesetzt. Anpassungsfähigkeit, Flexibilität und kontextbezogenes Agieren sind zu zwingenden Parametern aufgestiegen. Fragilität wird unfreiwillig Teil des Alltags oder eine Auflösung der Eindeutigkeit bewusst provoziert. [1]
In der Werkserie Pattern Indicators von Anna Mirbach lässt sich vergleichbar ein Spiel mit der Fluidität fragiler Entitäten erkennen. Hinter einer dichroitischen, farbig changierenden Glasfront verbergen sich Teilfiguren in verschiedensten Farben und Formen. Während Glas gemeinhin eine Schutzfunktion zukommt und es das Moment des Ausstellens als ein zur Schau Stellen betont, scheint es in diesem Fall vielmehr die Fragilität des Werkes hervorzuheben, lässt sie verschwimmen und schafft gleichzeitig einen intimen Zwischenraum.
Die verschiedenartigen Objekte sind durch körperliche Bearbeitung formbaren Tons entstanden. Alle sind sie einzigartig in ihrer Form. Im Kontrast zu ihrer Leichtigkeit steht die scheinbare Stabilität des Rasters. Die keramischen Figuren selbst scheinen der Sicherheit zu widerstreben – sie ragen aus dem Gitter, begegnen einander und sind dennoch stets in sich geschlossen. Die scheinbar fragilen Konstruktionen entstehen nach genauer Planung, (so dünn wie möglich), sind in sich stimmig.
Die Entitäten selbst bewegen sich fast animalisch hinter dem Glas, scheinen der Sicherheit zuwiderstreben – sie ragen aus dem Raster, begegnen einander und sind dennoch stets in sich geschlossen. Neben Assoziationen zur Tierwelt fällt auch die Nähe zu anderen Strukturen der Natur auf. Gezielt in einen Rahmen gesetzt, erscheinen die einzelnen Objekte wie Fragmente eines größeren Systems, stets im Austausch miteinander, stets nur ein Teil des Ganzen.
Hängen zwei Werke der Serie parallel zu einander, wird deutlich, dass die Entitäten hinter dem Glas zwar immer einer gleichen Grundstruktur folgen, doch immer andere fragile Formen annehmen.
Die Künstlerin belebt ihre Konstruktionen mit Zartheit und schafft mit ihnen einen intimen Raum für Fragilitäten. Der Betrachtende begegnet den Objekten in unterschiedlichsten Größen und Variationen als ein Ganzes, ein Gegenüber, in dem vor allem ein verzerrtes Selbst wahrnehmbar wird. Wer aber nähertritt, begegnet inneren, intimen Fragen und fragilen gesellschaftlichen Strukturen, die durch Rahmung und andere hermetische Attribute zunächst im Verborgenen bleiben.
[1] aus: Kerstin Starkemeier (Hrsg.) „fragile Identitäten“ (2015)